Zum Winterfest nach Petrosavodsk

Nach langer anstrengender Anreise über Amsterdam nach St. Petersburg wurden wir von Mark Kirsanov und dem Fahrer Dima vom Flughafen abgeholt und weiter per Minibus nach Petrosavodsk sechs Stunden gefahren. Unsere kleine Gruppe aus Tübingen traf nach Mitternacht bei den Gastfamilien oder im Hotel ein.
Die Bürgerreise, organisiert von der West-Ost Gesellschaft Tübingen, von Lilia Künstle und Mark Kirsanow, bot Gelegenheit, das Winterfest Hyperborea in Petrosavodsk am 21. Februar 2016 zu erleben. Ein Stadtrundgang brachte erste Eindrücke: zwischen Rathaus und tief zugefrorenem, schneebedeckten Onega See lagen bereits Eisblöcke für die Herstellung der Eisskulpturen, am Ufer standen große Holzkisten mit gepresstem Schnee für die Formung von Schneefiguren. Sonnenschein und blauer Himmel ließen die eindrucksvolle Winterlandschaft am tief zugefrorenen, schneebedeckten Onegasee erstrahlen.
An der Uferpromenade beeindruckten zahlreiche Skulpturen, Geschenke der Partnerstädte, und ein großer Park eifrig benutzter Fitness-Geräte, ein Geschenk eines Unternehmers der Stadt. Über den Kirov-Platz, benannt nach einem Gefolgsmann Stalins, an dem sich das in klassizistischer Bauweise errichtete Russische Musik und Dramen Theater sowie das Museum für Bildende Künste, und das Nationaltheater befinden, ging es weiter am Puppentheater vorbei zum Runden Platz mit dem Lenin Denkmal und Gebäuden im klassizistischen Stil.
Das gesellige Treffen mit der Karelisch-Deutschen Gesellschaft am Abend war von den Gastgebern mit zahlreichen, großenteils selbst zubereiteten Köstlichkeiten liebevoll ausgerichtet und bei Morsbeerensaft, Glühwein, Wodka, Bajan-Spiel und Gesang war die Stimmung bestens. Der interessante Ausflug in das ungefähr 70 km von Petrosavodsk entfernte Naturschutzgebiet „Kivac” mit seinem Wasserfall ließ die weite dünn besiedelte, Wald-und seenreichen Landschaft Kareliens erahnen und gipfelte in einem Saunabesuch mit Birkenzweig-Massage und Mittagessen an einem einsamen verschneiten See.
In dem privaten Puppentheater „Kleines Land”, das sich in einer renovierten Wohnung befindet, führte der Schauspieler Boris Kudrjavtzev durch eine zauberhafte Märchen- und Sagenwelt im Miniformat und das Nationalmuseum der Republik Karelien gab Einblicke in die Geschichte, Wirtschaft, Kultur und Tradition Kareliens und Petrosavodsks.
Am nächsten Tag fand im Rathaus ein Symposium der Gesellschaft ‚Finnland-Russland‘ zur Flüchtlingsproblematik in Finnland und Russland statt. Der Beitrag von *Gabriele Wülfers „Zur Lage der Flüchtlinge in Baden-Württemberg im Jahr 2015”, der von Mark Kirsanov übersetzt wurde, erregte Interesse und eine rege Diskussion.
In der voll besetzten Philharmonie am Abend schwelgte das Publikum zu Schlagern aus Zeiten der Sowjetunion, die mit großem Balalaika-Orchester und Gesangssolisten mit hallverstärkten Stimmen dargeboten wurden.
Im Laufe der Tage war das Entstehen der kunstvollen Skulpturen aus Eis und Schnee zu beobachten, die zum Winterfest zur Prämierung und Bewunderung vollendet in der Sonne standen. Das bunte Volksfest für Groß und Klein endete mit einem großartigen Feuerwerk am Abend.
Zurück in St. Petersburg mit dem Zug „Die Schwalbe” war die Pracht der ehemaligen Zarenstadt in 1,5 Tagen zu bewundern. Glücklich erfüllt von menschlichen Begegnungen und vielfältigen Eindrücken dieser interessanten Bürgerreise kam die Reisegruppe um Mitternacht wieder in Tübingen an.

Christiane Bormann