Projekt „Kulturwirkungen“
Die Nacht verging unbemerkt in einem angenehmen Gespräch mit einer interessanten Person, der wunderbaren Gesprächspartnerin Margarita Kern. Wir haben in Finnland über 700 km zurückgelegt. Obwohl wir uns erst vor kurzem kennengelernt haben, hatten beide den Eindruck, dass wir uns schon seit langem kennen. Am Morgen stiegen wir in das Flugzeug, das uns in die angestammte Heimat von Margarita, Deutschland, brachte. Wir wurden von einem kleinen Regen überrascht, aber weder das Grau über unseren Köpfen noch der Regen haben uns die Stimmung verdorben. Inspiriert, in Erwartung neuer Eindrücke und Begegnungen, betraten wir das Büro der West-Ost-Gesellschaft, wo wir von Lilia Künstle, der Vorsitzenden der Gesellschaft, mit freudiger Umarmung empfangen wurden.
Nach einem Austausch von Eindrücken gingen wir sofort an die Arbeit, da wir zum Projekt „Kulturwirkungen“ gekommen waren. Der Zweck unserer Reise war es, unseren deutschen Freunden die von Margarita geschaffene Sammlung von Volks- und Autorenpuppen vorzustellen. Sie brachte auch Stickereien im Rahmen, den so genannten „Spruch“, sie sind in Deutschland fast vergessen, in Russland aber von deutschen Einwanderern aus dem 18 Jahrhundert bewahrt worden. Jetzt wird diese Volkskunst wiedergeboren. Wir hatten die Präsentation von Margarita und Tatiana auf den Internationalen Frauentag am 8. März angepasst. Darüber hinaus hat Lilia einen interessanten Aufenthalt in Tübingen für uns vorbereitet. Dieses Programm begann für uns mit einem Spaziergang durch die Stadt, der mit einem Besuch des Museums im „Hölderlin-Turm“ endete. So tauchten wir am ersten Tag in die Atmosphäre der Feierlichkeiten zum 250. Geburtstag des wunderbaren romantischen Dichters Friedrich Hölderlin ein. Wir waren beeindruckt von der Liebe, Aufmerksamkeit und Sorgfalt, mit der die Exponate, Notizen, Skizzen und Zeichnungen des Dichters gesammelt wurden. Die Ausstellung wurde nicht nur von den Mitarbeitern des Museums, sondern auch von den Mitgliedern der Gesellschaft zur Erforschung des Dichtererbes vorbereitet.
Am nächsten Tag besuchten wir die alte Stadt Rottenburg am Neckar. Wir genossen die schönen Lebkuchenhäuser aus Fachwerk, die malerischen Gassen und Gässchen, die die Seele der Architektin Margarita Kern erwärmten. Wir besuchten auch das Museum der römischen Siedlung „Sumelocenna“ und machten einen informativen und interessanten Ausflug, den für uns Lilia vorbereitet hatte. Zurück in Tübingen setzten wir unsere Vorbereitungen für das bevorstehende Fest und die Präsentationen fort.
Nun kam dieser freudige Tag, der in der „Begegnungsstätte HIRSCH“ geplant war. Aber es gab noch viel zu tun! Wir mussten alles für das Gästetreffen vorbereiten. Und so wurden die Tische gedeckt und locken mit einer Vielzahl von Köstlichkeiten! Die Gäste versammelten sich, und Lilia begann unsere Feier mit Glückwünschen an die reizenden Damen zum 8. März und unterhielt die Gäste mit spritzigen Witzen, die von Explosionen fröhlichen Lachens und Applaus begleitet wurden. Dann erschien Margarita in finnischer Nationaltracht und begann ihren Vortrag, in dem sie über ihre Familie (deutsch-finnisch), über das Schicksal ihrer Eltern, über den Fortbestand der Familie, Kinder und Enkelkinder erzählte. Über ihre Puppen, denen sie ihre Energie und ihre ganze Zeit widmet. Ihre Geschichte erregte die Bewunderung ihrer Gäste. Nach einer kurzen Pause, mit festlichen Getränken und Leckereien am Buffet, tanzten wir einen Scherztanz, den wir selbst für diesen Tag erfunden hatten: „Hallo Coronavirus“. Dann hielt Margarita einen weiteren Vortrag über die Magie der Sprüche. Ein wunderbarer Abschluß der Feier war der Auftritt der Musikgruppe „Exprompt“ aus Petrosavodsk, begleitet von stürmischem Applaus. Das Fest war lustig und entspannt, in einer angenehmen Atmosphäre der Freundschaft und Kommunikation. Alle Gäste freuten sich, trotz des Regens und des Coronavirus ein so interessantes Ereignis nicht verpasst zu haben.
Der 8. März begann mit einem festlichen Frühstück mit Sekt und Glückwünschen an die Familie unserer gastfreundlichen Gastgeber, Vera Eckle und Hendrik Hauß. Lilia und Peter Künstle teilten ein festliches Essen mit uns. Gut gelaunt fuhren wir nach Bad Urach, um den berühmten Wasserfall zu sehen. Und vor allem hatten wir sehr viel Glück mit dem Wetter. Wir waren unheimlich beeindruckt von dem Wasserfall, der in der Sonne funkelte, und dem wunderbaren Panorama, das sich vom höchsten Punkt aus eröffnete. Die berauschend saubere Bergluft weckte unseren Appetit und wir machten ein kleines Picknick. Mit besonderem Interesse schauten wir uns in der Residenz, dem Familiennest der Herzöge von Württemberg, um. Wir waren beeindruckt von der goldenen Halle und der Sammlung prächtiger Schlitten. Dann ein Spaziergang durch das historische Stadtzentrum. Ein zusätzliches Geschenk zum 8. März war der Besuch der Thermalbäder, nach dem wir uns wie neugeboren fühlten. Und ein festliches Abendessen beendete unsere Frauenfeier.
Am Montagmorgen freuten wir uns über das gute Wetter, denn wir machten einen Ausflug in die Baden-Württembergische Landeshauptstadt, nach Stuttgart. Wir kletterten auf die Aussichtsplattform des Museums für Moderne Kunst, um die Altstadt von Stuttgart aus der Vogelperspektive zu sehen. Und dann stiegen wir vom Himmel auf die Erde hinab und gingen die Hauptstraße, die König-Straße, entlang, besuchten das Alte Schloss, besichtigten die Stiftkirche, tauchten in die Atmosphäre des Alltags ein und spürten den Puls der Großstadt.
Am letzten Tag unseres Aufenthalts in Tübingen stand ein Besuch des botanischen Gartens auf dem Programm. Wir konnten den Kontrast zwischen dem regnerischen Wetter draußen und dem Aufenthalt in geschlossenen Wintergärten im Garten spüren, wo die Wärme und Feuchtigkeit eines Tropenwaldes herrschte. Drei riesige zwei stockwerkhohe exotische Pavillon-Pflanzen beeindruckten uns. Es fühlte sich an, als wären wir auf der anderen Seite der Welt, es war ein wahres Paradies für Seele und Körper. Das Plätschern der Bäche, gemütliche Teiche mit riesigen Fischen, Weinreben und Blumen erfüllten uns mit Frieden und Ruhe. Wir wollten diesen fabelhaften Ort nicht verlassen, aber wir mussten noch den letzten Punkt unseres Projekts, Workshop – „Magie der karelischen Puppen“ – abschließen.
Vor dem Workshop lud uns Peter Künstle zum Mittagessen in die Mensa der Mitarbeiter der Universitätsklinik ein. Auf diese Weise konnten wir einen kleinen Teil des täglichen Lebens des Personals und der Ärzte dieser Klinik kennen lernen.
Und so begann der Meisterkurs. Um eine Vorstellung von unseren
traditionellen Puppen zu vermitteln,
hatten wir
eine kleine Sammlung aus Karelien mitgebracht. In der Antike war die
Puppe der zugänglichste und verständlichste Vermittler zwischen
Mensch und Natur. Die Puppe ist nicht von sich aus geboren, sie ist
vom Menschen geschaffen. Margarita
begann ihre
Geschichte damit was Puppen sind, was ihr Zweck ist und warum sie
ohne Gesicht sind und wie man eine Puppe ohne Nadel und Schere
herstellen kann. Unsere Vorfahren glaubten, dass die Puppe das Haus
beschützen, Frieden geben und Krankheiten lindern würde. Die Puppe
kümmerte sich um einen Menschen, und sie wurde „Beregina“
genannt. Vor unseren Augen, wie durch Zauberhand, trennen wir mit
Hilfe von Fäden Stofffetzen, aber ohne eine Nadel, bis
sie sich in ein Promenadenpuppe
verwandelten. Die
Teilnehmer arbeiteten mit großer
Begeisterung am Tisch, freundliche Witze und Lachen lagen in der
Luft. Die Atmosphäre war unbeschwert und warmherzig. Jeder hat für
sich selbst einen Beschützer hergestellt. Am Ende des Treffens
erhielten alle eine süße Überraschung und einen weiteren Satz
Stoffe für die zweite Puppe als Geschenk. Ein gemeinsames Foto mit
den fertigen Produkten rundete unser Treffen ab.
Margarita ist
es ein besonders Anliegen Tatiana Bychkova für die gut verständliche
Übertragung
ihrer Geschichten in deutsche und ihrer Übersetzungstätigkeit
während des gemeinsamen Aufenthaltes in Deutschland zu
danken.
Wir danken Lilia und Peter Künstle von ganzem Herzen
für die hervorragende Organisation unseres Aufenthalts, für unsere
interessanten Ausflüge und Reisen. Dafür, dass sie so viel Zeit und
Aufmerksamkeit für uns aufgewendet haben, trotz ihres
Arbeitspensums.
Wir sind auch unseren netten Gastgebern Vera
Eckle und Hendrik Hauß für ihre Gastfreundschaft und Freundlichkeit
sehr dankbar, wir fühlten uns wie zu Hause.
Wir sind der
„West-Ost-Gesellschaft“ sehr dankbar für die Vorbereitung
und Durchführung dieses Projekts, das, so hoffen wir, dazu
beigetragen hat, die Freundschaft, das gegenseitige Verständnis und
die Annäherung der Kulturen unserer Völker zu stärken.